Samstag, 29. August 2015

Zeitloser Klassiker



Charley Chaplins "modern Times" - ein Film aus dem Jahr 1936, schwarz-weiß, eine Handvoll Schauspieler, eine Leinwand-statt-Bluescreen-Technologie, mehrere aufwendig inszenierte Maschinen, die die Menschen beherrschen, eine Bretterverschlagshütte und der Traum vom ganz großen Glück im Kleinen, eine Rollschuhfahrt in Todesnähe, ein wedge (Keil) der buchstäblich eine tragende Rolle spielt, ein Knast, Einbrecher auf der Suche nach Essbarem, eine Gesangseinlage und eine Kellnerstück - das ungefähr sind die Inhalte des Films, den Chaplin gedreht hat.  

Dabei funktioniert der Film ohne Sprache. Er gibt archetypische Konstellationen wieder. Die sind einfach zu verstehen, weil sie fast immer gleich aufgebaut sind: schusseliger Charley Chaplin kommt zu strengem Chef, bekommt eine Chance als anzulernender Azubi oder Assistent. Er verschusselt sie, klimpert viel und grandios mit den Augenbrauen, wird harsch angerüpelt, trotzdem gefeuert und trotzdem wieder angestellt. Die Hierarchien sind klar in dem Film verteilt: der gute kleine Mann gegen den bösen großen Kapitalisten, der von der staatlichen Gewalt unterstützt wird. 
Was mich verblüfft hat, ist der politische Hintergrund des Films. Er spielt in der Zeit des Wirtschaftsbooms - kurz vor oder nach den Goldenen Zwanzigern. Und dass ein "Geist" nicht nur in Europa umgeht, sondern auch in Amerika, macht er sehr deutlich. Immer geht es um Streik und Arbeitsbedingungen, Verhältnisse, deren Akzeptanz oder Auflehnen dagegen. Unterschwellig liegt die größte Kritik des Films auch eben an dieser Welt - die Geschichte, die in diese Welt gelegt wurde, erscheint fast nebensächlich. Sie möchte der Menschlichkeit ein Gesicht verleihen vor dem Schlund der kapitalistisch-modernisierenden, absurd-mechanisierenden Hölle. 

Super zum Verwerten für Lehrvideos: 

  • Charley Chaplin nimmt Kocain - "aus der Reihe tanzen" par exellance.
  • Wie man sich nicht beim Arbeiten an einer Machine verhalten sollte: Charley Chaplin hilft bei der Wartung einer Presse 
  • Wie man einem Menschen, der seine Arme und Beine nicht benutzen kann, nicht Essen eingeben sollte (z.B. ein ganzes Ei) 
  • wie man seinen Körper perfekt instrumentalisiert, um Faszination und Zustimmung zu gewinnen, charmant zu wirken und Sympathie zu erzeugen (Non-sense-Song) 
  • Wovon Bürger träumen: das eigene Haus mit eigener Milchkuh 
  • Wie man jemanden mit einem Blick vernichtet und ihm nonverbal ausdrückt, dass er ein Nichts ist: Die Frau des Präsidenten beim wöchentlichen Besuch im Gefängnis (bevor ihr Magen grummelt) 
  • Wie schlechte Einarbeitung katastrophale Folgen hat, die nicht der Schuldige ausbaden muss: Als Charley den Keil zieht. Irgendwoher. 
  • wie man sich stilvoll von einem Polizisten abführen lässt und Zigarre raucht 


Interessant auch, dass laut Vorspann Chaplin die Musik komponiert hat.