Samstag, 28. Juni 2014

"Im gegenseitigen Dienst werden wir frei"


Einen alten Franziskaner in einer Schlossküche kennenlernen - ein delikates Erlebnis. 
Er erzählte mir viel vom gegenseitigen Dienst, davon, dass er zehn Jahre den Dienst am Andern und mit dem Andern gelernt habe. 
"Demut, Disziplin, Glauben", das seien alles Werte, die man erstmal verstehen müsse. Vom Vergeben erzählte er mir noch und von den kraftvollen Namen der Cherubim und der Seraphim. Durch ihn habe ich auch gelernt, dass es eigentlich "Jesus, DER Christus" heißen sollte. 
Ein sehr spannendes Gespräch mit einem (zumindest theoretischen) Ansichtspartner. Hat mich der Weg über das Rappen, Lyrik, Literatur Französisch, Kant und Brecht zur Einsicht in die magische Wirkung der Poesie und den Glauben an die Welt in der "der Mensch dem Mensch ein Helfer wird" gebracht, so war sein Weg ein anderer. 
Doch was unser beider Gedanken verbindet ist ein Glauben an die positive Kraft Gottes. Man kann nicht tiefer fallen, als in seine Hand. 

In einem Vorstellungsgespräch hat der Prälat einer Sprachheilschule gesagt: Er lässt Gott in sich wirken. Wenn er einen Raum mit Fremden betritt, macht er "sich selbst ganz klein, damit Gott in ihm groß werden kann".

Montag, 23. Juni 2014

Klassiker der Literaturgeschichte: Tolkiens "Der kleine Hobbit"

J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe hat einen Vorläufer. Spätestens seit Peter Jacksons Verblockbusterung des Mittelerde-Stoffs kennt jeder die Geschichten um den Ring und wie er die Leben der eher abenteuerscheuen Hobbits infiziert. Dabei ist das Buch auf jeden Fall einer Lektüre und eines tieferen Blicks wert!
Handlung

Die Handlung des ersten Teils der Saga ist schnell zusammengefasst. In einer Geschichte mit zwei Höhepunkten geht es episodenhaft erzählt zuerst um den Weg Bilbo Beutlins und seinen Reisekameraden, den Zwergen, zum Einsamen Berg, wo der Drache Smaug haust, um dort den von den Zwergen gestohlenen Schatz zurückzuerobern. Daran anschließend liest man, wie Bilbo zwischen den verstrittenen Parteien, die alle einen Anspruch auf den zurückgewonnenen Schatz erheben, trickhaft vermittelt, damit es nicht zum Ausbruch eines weiteren Krieges um das Gold kommt. 

Genreeinordnung

Da es nicht immer mit rechten Dingen (heißt mit der Physik, wie wir sie kennen) zugeht und auch die Wesen, die im Universum J.R.R. Tolkiens auftauchen, nicht den Kreaturen entsprechen, die man beim täglichen Spaziergang durch unsere Flora und Fauna antrifft, handelt es sich um einem phantastischen Roman. Es wird munter gezaubert (Gandalf/Mondrunen, etc.), während Orks auf Wölfen, Riesenspinnen, Trolle oder Elben  Zwerge jagen, die einen Drachen suchen, der nicht nur Feuer spuckt sondern auch sprechen kann. Außerdem wird die explizit auktoriale Erzählung immer wieder von Gedichten und Gesängen durchbrochen, so dass man durchaus Parallelen zu anderer abenteuerlicher romantischer Reiseliteratur wie z.B. Eichendorffs Taugenichts ziehen kann.
Auch die Grundlinien der "progressiven Universalpoesie", wie sie Schlegel im Rahmen der Frühromantik einforderte, kann man im Abklang der Geschichte erkennen. Denn die "sogenannte Progressive Universalpoesie fordert die Vermischung aller Gattungen. "Im romantischen Roman schlägt sich dieses Diktum in einem steten Wechsel der Formen nieder: Erzählende Passagen werden von dramatischen, dialogischen Sequenzen abgelöst; Gedichte, Lieder oder Briefe durchbrechen den Erzählfluß." Zwar wird der Erzählfluß im Hobbit nicht permanent unterbrochen. Briefe oder Dialogsequenzen findet man auch nicht in dem überschaubaren Büchlein und eigene Subtexte wie eingestreute Extramärchen kommen ebenfalls nicht vor. (Hier ist es der Film, der Gandalfs Abwesenheit und die Entstehung Saurons z.B. explizit ausmalt). Dafür integriert Tolkien aber ganz im Sinne Schlegels Lieder, Gedichte und deutet auch alte Sagen an. Und auch die Moral findet stellenweise Einzug in das Werk. Vor allem die verderbende Macht des Goldes, der der Zwergenkönig temporär unterliegt, wird auf herrlich ironisch-auktoriale Weise reflektiert. Und als Beispiel einer kleinen Gedichtintegration.

"Weit über die kalten Nebelberge,
zu den tiefen Verliesen und uralten Höhlen
müssen wir fort, ehe der Tag anbricht
das bleiche, verzauberte Gold suchen"
Geschickt nimmt hier Tolkien bereits einen Großteil der folgenden Geschichte vorweg.

Stil

Der Hobbit ist eine dezente Andeutung dessen, was in "Der Herr der Ringe" langatmig ausgemalt wird. So besticht der Roman auch durch sein perfekt ausbalanciertes Verhältnis zwischen Andeutung und Ausschilderung. Gerade die Beorn-Episode bleibt hier haften. Man erahnt, was es mit dem Gestaltenwandler auf sich hat. Doch dass es sich bei dem Aussteiger um einen Bärenmenschen handelt wird erst im Endkampf wirklich klar. Auch durch Abwechslung besticht der Stil des Hobbits. Handelt es sich zwar um eine Geschichte, die an einem roten Faden hin zum Einsamen Berg führt, bei der das Erreichen des Bergs mit vielen Abenteuern verbunden ist, so wechseln die Abenteuer in sich doch im Vergleich zu anderen Kinderfantasyromanen (z.B. im Verlgeich zu "Das Wolkenvolk") stärker ab. Es wird nicht nur mit dem Schwert gekämpft, sondern auch mit der Phantasie. Wie befreit man Zwerge aus den Hallen der Elben?  Wie kommt man von einem Baum herunter, an dessen Fuß Wölfe sind und der von Orks angezündet wird? Wie redet man mit einem Drachen? Wie beschreibt man das erste Aufeinandertreffen mit einem degenerierten Hobbit, der seit Jahren unter der Erde lebt? Anstatt hier lieblos Erzählstereotypen abzuspulen erscheint jede einzelne Geschichte liebevoll und phantasievoll ausgestaltet. Tolkien bewahrt dabei seinen ihm ganz eigenen Stil, es gelingt ihm aber auch ihn immer wieder neu zu erfinden. Unvergesslich der Anfang der Geschichte: 

In eine Höhle in der Erde, da lebte ein Hobbit. Nicht in einem schmutzigen, nassen Loch, in das die Enden von irgendwelchen Würmern herabbaumelten und das nach Schlamm und Moder roch. Auch nicht etwa in einer trockenen Kieshöhle, die so kahl war, daß man sich nicht einmal niedersetzen oder gemütlich frühstücken konnte. Es war eine Hobbithöhle, und das bedeutet Behaglichkeit.


Fazit

Wirklich besser als der Film. Es dauert ein wenig, um einzutauchen in die Welt des Hobbits. Aber einmal drinnen, führt einen Tolkien als liebevoller auktorialer Erzähler stimmungsvoll und abwechslungsreich durch die frühkindliche Welt Mittelerdes ohne dabei in Kitsch und Einfachheit unterzugehen. Ein wahres Meisterwerk der Fantasyromane und ein Meilenstein der Kinder- und Jugendliteratur. 

persönliche Höhepunkte


Das Rätselduell mit Gollum und das Schmeichelei-Gespräch mit Smaug 

Weiterführende Links: 

Hier ein paar Abbildungen und anderes Hintergrundmaterial zum Hobbit