Freitag, 25. April 2014

Verrücktes Blut - Klasse Inszenierung eines brisanten Stücks an der Theaterwerkstatt Würzburg.



Es war an der Zeit für Stück, dass den Generationenkonflikt nicht wie gewohnt offenlegt, sondern überwindet.

Wer sagt, dass man Schiller heute lernen muss? Der Staat, seine Angestellten im Ministerium, die Jahr für Jahr den Lehrplan vorgeben...eine Minderheit, die ihren Willen der Jugend aufzwingt? 
Natürlich, der Mensch ist derselbe geblieben. Die Erziehung, die wir ihm angedeien lassen wollen, ebenfalls: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut, in der Lage selbstständig zu denken und zu handeln. Mit wem könnte man das besser lehren, als mit Schiller? 
Aber Schiller - das sind immerhin etwa 220 Jahre Staub auf den Stückmanuskripten. Wie soll man die Randgruppen der Gesellschaft, die sich schon mit normalem Deutsch schwertun und eigene sprachliche Hybridformen hervorgebracht haben, eigene Sozialidole verehren (Sido, Bushido, etc.)  mit Schiller versöhnen? 
Die Antwort, die das Skandalstücks von Nurkan Erpulant entwirft, wirkt wie eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Kants berühmtem Diktum über die Widersprüchlichkeit aller aufklärerischen Erziehung: "Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange"? Dabei hat das Stück sehr viele tragisch-komische Momente. Denn der Stoff ist eigentlich alles andere als komisch - vielleicht wirkt nur so, weil die Zöglinge durch ihren sozialen Habitus für uns nicht-"bildungsferne" Schichtlere etwas Komisches haben. Es heißt nunmal "Vernunft" und nicht "Vernumpft". 

Die Theaterwerkstatt brachte den Text auf die Bühne. Durchbrochen wurde er von Chorpassagen, in der die Figuren ihre Rolle verlassen und zu Interpreten deutsch-volkstümlicher Lieder werden, die die schöne deutsche Tradition der hässlichen Schreikultur der Heranwachsenden entgegenstellt.

Hier der Inhalt zusammengefasst in Kürze: 

1. Situation: Theaterunterricht mit Migrantenschülern
2. gravierende Veränderung: Waffe im Theatersaal, gerät in die Hände der Lehrerin -> motiviert Handlung:
3. Lehrerin erzieht die Schüler mit der Waffe zur aufgeklärten, laizistischen, demokratischen Gesinnung
4. Schüler lernen Lerninhalt individuell unterschiedlich. Manche wachsen über ihre alten Grenzen hinaus, andere bleiben in ihrer sozialen Rolle/ihrem Habitus (Bourdieu) hängen (Chefmacho und Opfer)


Und hier noch ein Link zu einigen Fotos aus dem Stück
hier die Kritik der Mainpost

Montag, 14. April 2014

Abschied nehmen von einem netten Begleiter...


Fynn

Worte
Was sind schon Worte? Unzureichende, leere Hüllen,
wie unser Körper unzureichend, um Platz zu geben für all das Leben,
das uns umflutet.

Aber denke ich an dich,
dann stocke ich,
dann schweige ich und dann verweile ich
in süßen Gedanken über dein weißzähniges Lächeln
und Wind auf dem Balkon
und zugehaltene Ohren, die was weiß ich für einer musikalischen Ordnung folgen
und über pausenloses Rabauzen
und versunkenes, hingebungsvolles
Selbst-Sein auf der Bodenmatte
im Wasserbett
im Schlafanzug
im Gitterbett
aber selten im Rolli

Im Rolli musste erkundet werden
der Drang zur Eroberung und zur Bewegung,
so kam es mir vor.
Sturmpilot vor der Einflugsschneise der Dachterrasse
tollkühn wie Lindbergh und noch frecher
weil soviel kleiner
und zerbrechlicher
du
warst.

Ruhe in Frieden,
Fynn Deaton
und nimm diese Tränen mit.